Fritz J. Raddatz: Tagebücher. Jahre 2002 – 2012

Besprechung

Nun also Band zwei. Auch hier gibt es leider keine Anmerkungen, sodass man die massenhaft genannten Namen kennen muss. Das vorhandene Personenregister liest sich wie ein „Who is who“ der literarischen und journalistischen Szene und einiger Reicher und Schöner. Ja und dann geht es los: niemand kommt ungeschoren davon, vor allem die nicht, denen es an ästhetischem Sinn oder Benimm fehlt (mehrfach wird Gabriele Henkels unzureichendes Geschenk zu einer Housewarming-Party erwähnt: zwei Geschirrhandtücher!) oder die den nun freiberuflich tätigen nicht genug würdigen oder schlecht bezahlen. Großartig die Schilderungen von Festen und zum Glück nicht ohne Selbstironie die Beschreibung des eigenen Lebensstils – auch die Messerbänkchen aus dem ersten Band kommen wieder vor, diesmal mit einem Augenzwinkern. Selten ist FJR zufrieden, so wie über einen Abend bei Freund Wunderlich am 19. Februar 2004: „voller Witz, Charme, auch ein wenig Klatsch, Selbstironie, Altersmelancholie, Entzücken über mein kleines Mitbringsel, nämlich frische Gänseleberpastete … lauter kleine Freuden. Auch große Kümmernisse. Aber immer voll Grazie.“ Man sieht: Sehr viel Selbstbespiegelung wird dabei betrieben, bis in intime Details, auch die Pfaffengeschichte aus den Memoiren wird erzählt. Gegen Ende überwiegen die Kümmernisse über das Älterwerden, das der Freunde und das eigene. Trotz allem ist der Band ein Zeugnis einer aussterbenden Generation, zu der auch Marcel Reich-Ranicki gehörte. Immer laut, immer sicher im Werturteil über literarische Werke, gebildet und stilvoll.