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Keith Gray: Ostrich Boys

Besprechung

Ross, der beste Freund der 15-jährigen Jungen Blake, Sim und Kenny, ist bei einem vermeintlichen Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Aus Verzweiflung über den Tod ihres Kameraden suchen sie die Schuld dafür, dass es soweit hat kommen müssen, bei verschiedenen Personen, die ihrem Freund mehr oder weniger nahegestanden sind. Da ist Ross' Freundin Nina, die kurz vor seinem Tod mit ihm Schluss gemacht, Caroline, seine Schwester, welche ihn mit seinen persönlichen Liebesgedichten in aller Öffentlichkeit lächerlich gemacht, oder auch Sean Munro, ein angeberischer Halbstarker, der Ross erst kürzlich eine ordentliche Abreibung verpasst hat. Als Teil ihrer Trauerarbeit versuchen die drei Freunde Ross zunächst bei allen drei durch Sachbeschädigung und Verunglimpfung zu rächen. Da sie zudem von der Trauerfeier sehr enttäuscht sind, weil sie als seine besten Freunde nicht berücksichtigt wurden und auch so manches, was dort über ihn gesagt wurde, aus ihrer Sicht gar nicht stimmt, beschließen die drei, die Beerdigung in angemessener Weise noch einmal zu wiederholen, allerdings an einem anderen Ort. Sie entführen die Urne mit Ross´ Asche und machen sich auf eine letztlich zweitägige Reise zu einem Ort namens Ross, zu dem auch ihr Freund gerne einmal reisen wollte, um sich dort selbst zu finden. Der Trip, der sich nun anschließt und den Hauptteil des Romanes bildet, stellt sich dar als eine Mischung aus Abenteuer, Trauerarbeit und Sinnfindung. Nach und nach wird die Fahrt zu einer Reise, die „ihre eigene wunderbare Zeit fordern würde“ (S. 115), wie der Ich-Erzähler Blake erkennt. Später erweitert er den Gedanken noch: „Die Reise hatte ein Eigenleben. Sie war wie der Versuch, auf einer riesigen Schlange zu reiten, die sich unter mir hin und her wand. Es war unmöglich sie zu kontrollieren - dazu war sie viel zu unvorhersehbar und gefährlich“ (S. 206). Am Morgen des zweiten Tages erfahren sie, dass sie über das Fernsehen gesucht werden, da ihre Eltern Angst haben, sie könnten sich etwas antun. Inzwischen hat sich nämlich auch bei der Polizei der Verdacht erhärtet, dass Ross in Wahrheit Selbstmord begangen hat. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt. Werden sie ihr Ziel erreichen, bevor sie die Polizei aufgreift? Obwohl die drei Jungen es zunächst nicht wahrhaben wollen, begreifen auch sie langsam, dass Ross wohl absichtlich mit seinem Fahrrad in ein Auto gefahren ist, was zunächst wie ein Unfall ausgesehen hat. Nun machen sie sich selbst Vorwürfe, auch gegenseitig. Die Freundschaft droht zu zerbrechen und schließlich trennen sich die Jungen kurz vor ihrem Ziel. Als Blake alleine in Ross ankommt, weiß er nicht, was er tun soll. Am Ende erkennt er: „Es ging sowieso gar nicht so sehr um Ross. Es ging um mich und meine Schuld [...] Was also erwarte ich? Vergebung, Erlösung, Verständnis?“ (S. 309) Der Schlüssel zum Verständnis des Titels (Ostrich = Strauß, ein Vogel also, der in misslicher Lage den Kopf einfach in den Sand steckt) findet sich in einer der Selbstreflexionen Blakes: „Ich bereute vieles. Vor allem aber bereute ich, dass ich nicht gemerkt hatte, was mit Ross passierte. Passierte, ohne dass ich es wusste. Aber das war eine Lüge. Natürlich hatten wir es gewusst. An manchem waren wir sogar selbst schuld. Aber wir hatten es ignoriert – die Köpfe in den Sand gesteckt“ (S. 304). Keith Gray ist hier zweierlei gelungen, was Anerkennung und Lob verdient: Erstens wird das Buch vor allem Jungen ansprechen, was angesichts der mädchenlastigen Titel im Jugendbuchbereich an sich schon erfreulich ist. Zweitens dürfen sich diese männlichen Leser endlich auch einmal in ihrem ganz eigenen Bedürfnis nach thematischer und inhaltlicher Tiefschichtigkeit ernst genommen fühlen.

Didaktische Hinweise

Als Klassenlektüre ist der Roman sehr zu empfehlen, da sich gerade wegen der thematischen Breite eine Beschäftigung mit ihm über den Deutschunterricht hinaus anbietet. So wäre etwa an ein fächerübergreifendes Unterrichtsprojekt in Zusammenarbeit mit den Fächern Katholische bzw. Evangelische Religion, Ethik und Deutsch zu denken. Zentrale Themen sind: Tod, Trauer, Schuld, Vergebung, Freundschaft, Treue, Aufrichtigkeit, Selbstfindung, Ablösung von den Eltern.

Gattung

  • Romane

Eignung

sehr gut als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 7 bis 9

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
  • Philosophie

FÜZ

  • Soziales Lernen
  • Werteerziehung

Erscheinungsjahr

2010

ISBN

9783499215322

Umfang

314 Seiten

Medien

  • Buch