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Nicole Krauss: Das große Haus

Besprechung

„Was ist ein Jude ohne Jerusalem?“ Am Schluss des Romanes erzählt Georg Weisz die Geschichte des Rabbi Jochanan ben Zakkai und stellt die entscheidende Frage. Da hat der Leser über mehr als 350 Seiten die Irrfahrt eines Möbelstücks, eines Schreibtischs, durch mehrere Haushalte verfolgt und versucht, eine Verbindung zwischen den jeweiligen Besitzern zu erkennen. Vergeblich jedoch – denn das war nicht die Idee von Nicole Krauss, die wie ihren Mann, Jonathan Safran Foer, das Thema „Erinnerung“ bewegt. Georg Weisz versucht die Gegenstände wieder zu erlangen, die seiner Familie vor ihrer Deportation gestohlen wurden, Stück für Stück, um das „Haus wieder aufzubauen“ „oder vielmehr ein so vollkommenes Gedächtnis des Hauses, dass es in seinem Wesen das Original selbst wäre.“ Nur so kann lebendig bleiben, was geschehen ist, „kann man Jude sein ohne ein Land“. In einer Zeit, wo die letzten Zeitzeugen uns verlassen, Museen an ihre Stelle treten und man sich fragt, was dadurch aus der Geschichte der Shoa werden wird, ein spannendes Thema. Der Romane allerdings macht einem das Nachdenken mit all den nur angerissenen Erzählungen und seiner überladenen Symbolik recht schwer: „Schwimmlöcher" im Eis für die Geheimnisse in einer Ehe oder die 19 Schubladen des Schreibtischs, in denen sich nur Bruchstücke von Erzählungen befinden. All das erzählen verschiedene Protagonisten und richten sich an unbestimmte Gegenüber: „Euer Ehren“. Da die Spur eines Zusammenhangs zwischen den erzählenden Personen gelegt wird, ist man verstimmt, da es ihn offenbar nicht oder nur lose gibt, man also an einigen Stellen allein gelassen wird, so dass nach Ende der Lektüre ein Gefühl der Unsicherheit zurückbleibt und man sich auf keinen Fall traut, den Inhalt stimmig wiederzugeben. Jener Georg Weisz versucht, das Zimmer seines Vaters in Jerusalem wieder nachzubauen. Es fehlt ihm nur noch der Schreibtisch, das zentrale Symbol der Erinnerung. Die New Yorker Schriftstellerin Nadia hat ihn von Daniel zur Aufbewahrung bekommen, der nach Chile zurückkehrte, sich aber nicht sicher war, ob es endgültig sein würde. Dieser hatte ihn wohl von Lotte, ebenfalls einer Schriftstellerin, bei deren Mann Weisz am Schluss auftaucht, bevor er erfährt, dass seine Tochter Leah den Tisch von Nadia holen und in ein Möbellager hat bringen lassen. Dort in New York setzt er sich an den Tisch und erkennt, dass der Tisch nur ein Gegenstand ist, „stumm und verständnislos", und ist erleichtert, „dass endlich etwas von mir abfiel“.

Didaktische Hinweise

Das Thema „Erinnerung“ wird auch in Zukunft besonders am Beispiel der Geschichte der Juden behandelt werden. Man könnte den Roman von Nicole Krauss mit „Alles ist erleuchtet“ von J.S. Foer vergleichen. In Frankreich ist 2010 neben „Die Kinder von Paris“ die Verfilmung von Tatiana de Rosnay's „Elle s'appelait Sarah“ erfolgreich angelaufen. Hier begibt sich eine Journalistin auf die Suche nach einem Mädchen, das bei der „Rafle du Vel' d'hiver“ von ihrer Familie getrennt und deportiert worden ist. Auch in diesem Romane spielt ein Möbel eine entscheidende Rolle: ein Schrank, in dem das kleine Mädchen ihren Bruder einsperrte, und ihn so rettete. Der Plüschteddy in „Un secret“ von Philippe Grimbert, ebenfalls verfilmt, spielt eine ähnliche Rolle.

Gattung

  • Romane

Eignung

in Auszügen geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 11 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Englisch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre

FÜZ

  • Politische Bildung
  • Werteerziehung

Erscheinungsjahr

2011

ISBN

9783498035532

Umfang

375 Seiten

Medien

  • Buch