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Jeffrey Eugenides: Die Liebeshandlung

Besprechung

Fragt man sich, warum dieses Buch unbedingt geschrieben werden musste, findet man schwer eine Antwort. Es fügt dem Wissen über das Leben und die Liebe nichts nennenswert Neues hinzu. Das gibt der Autor auch nicht vor, lediglich eine kleine Variation des „marriage plot“ des 19. Jahrhunderts scheint er am Schluss vorzuschlagen - und die ist nicht mehr wirklich neu. Auch die Erzählform ist weitgehend traditionell. Die erzählte Zeit ist der Erzählzeit immer ein Stück voraus und die Vorgeschichte eines neuen Ereignisses wird jeweils nachgeholt. So bewegt sich die Erzählung über 620 Seiten in gleichmäßigen Schlingen vor und zurück, um den Erzählstrang schließlich immer wieder einzuholen. Es geht um Madeleine, die sich während ihrer College-Zeit in den begabten, allerdings manisch-depressiven Kommilitonen Leonard verliebt. Mitchell, der sich wiederum unsterblich in Madeleine verliebt hat, weist sie ab und möchte eine bloße Freundschaft mit ihm. Die Beziehung geht auseinander, als Leonard Madeleines Liebeserklärung mit einem Hinweis auf Roland Barthes' „Fragmente einer Sprache der Liebe“ erwidert. Verrückt vor Liebeskummer versäumt Madeleine Wochen später nach einer Party ihre Abschlussfeier und besucht Leonard in der psychiatrischen Abteilung eines Krankenhauses. Sie nimmt die Beziehung zu ihm wieder auf, in der Illusion, seine Krankheit sei heilbar, sollte sie nur stark genug sein und zu ihm halten. Leonard beginnt seine Lithium-Dosis selbst zu reduzieren und es kommt zu einer Euphorie und einer scheinbar dauerhaften inneren und äußeren Regeneration. In dieser Verfassung macht er Madeleine einen Heiratsantrag, fällt aber während der Hochzeitsreise in eine gefährliche manische Phase zurück und landet schließlich in der Klinik von Monte Carlo. Zurückgekehrt in die USA zieht das junge Paar zu Madeleines Eltern, die trotz ihrer Warnungen vor der Ehe mit Leonard immer zu den beiden halten. Als die Tochter ihr Studium in New York aufnehmen und eine Wohnung mieten will, verlässt Leonard sie an einer U-Bahn-Station und verschwindet für immer. Mitchell ist von einer religiös inspirierten Europa- und Indienreise zurück, gerade recht um Madeleine zur Seite zu stehen. Nach ihrer ersten und ziemlich missglückten Liebesnacht erfährt er bei einem First Day der Quäker in einer Offenbarung, „dass wieder zu heiraten das Letzte ist, was die Frau braucht“ und vor allem dass Madeleine sein Ideal war, „aber ein früher Entwurf davon“. Eine traurige, sicher auch realistische und lehrreiche Erzählung, die auch einiges über die Generationen der Achtundsechziger und ihrer Kinder aussagt, über den missglückten Start der Frauen in die Emanzipation und über soziale Unterschiede an Amerikas Ostküste. Vor allem aber über die Lehre von der Unmöglichkeit des „marriage plot“ in unserer Zeit.

Didaktische Hinweise

Der Romane gehört in die Reihe der nicht mehr ganz jungen amerikanischen Schriftsteller wie Franzen, Brett Easton Ellis und Jonathan Lethem. Vergleiche könnten da im Unterricht ein Thema sein, ebenso natürlich Untersuchungen des marriage plots im englischen Romane des 19. Jahrhunderts. Die im Romane zitierten Semiotiker Roland Barthes und Derrida sind für besonders interessierte Schüler eine Lektüre, die auf ein Literaturstudium vorbereitet.

Gattung

  • Romane

Eignung

themenspezifisch geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 11 bis 12

Fächer

  • Deutsch
  • Englisch

FÜZ

  • Alltagskompetenz und Lebensökonomie
  • Sprachliche Bildung

Erscheinungsjahr

2011

ISBN

9783498016746

Umfang

622 Seiten

Medien

  • Buch