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Manfred Mai: Das Literatur-Lesebuch

Besprechung

Vom Ravensburger-Verlag war es als etwas Besonderes, Außergewöhnliches angekündigt, das „Literatur-Lesebuch“, herausgegeben von Manfred Mai, dem recht bekannten Kinder- und Jugendbuchautor. Mit vielerlei Rätselkarten schürte man bei Rezensenten, Buchhändlern und sonstigen Interessenten die Neugier. Die Erwartungshaltung ist also nicht gerade niedrig, hält man dieses Buch dann endlich in Händen. „Dû bist mîn, ich bin dîn“ findet man da gleich auf den ersten Seiten: innig, leise, zu Herzen gehend, noch ohne Patina – all die Jahrhunderte hindurch - angesetzt zu haben; von einem unbekannten Autor. Gleich daneben ein Name, den jeder kennt: Walther von der Vogelweide. Mit – wie könnte es auch anders sein – „Ich saz ûf eime Steine“: nachdenklich, philosophisch, mit einem Anflug von Weltschmerz. Anschließend stellt uns Manfred Mai einen riskant kurzen Ausschnitt aus dem Nibelungenlied vor, dann etwas Hans Sachs („Das Kölberbrüten“), ein Häppchen „Eulenspiegel“, Martin Luther („Stadtmaus und Landmaus“) und Paul Gerhards „Sommerlied“. Diese Edelstein-Reihe deutscher Literatur-Geschichte lässt sich fortsetzen, keine Frage, findet man doch derartige Auflistungen zuhauf in allen Schul- und Lehrerbüchereien. Für Manfred Mai kann diese Aufgabe so schwer nicht gewesen sein, Vorlagen hatte er jedenfalls viele. Was also ist das „Neue“? Der „Buddenbrooks“-Auszug? Hesses „Steppenwolf“ in Ultrakurzfassung? Oder Grass’ „Blechtrommel“? Robert Schneiders „Schlafes Bruder“ auf schlappen fünf Seiten vielleicht? Reicht ein solcher Miniatur-Romane-Ausschnitt, der vielleicht auch mit „verlängertes Zitat“ umschrieben werden könnte, aus, um einen Überblick zu geben, um die Qualität der deutschen Literatur zu beweisen oder um die Schüler zum Buch zu verlocken? Ich wage dies zu bezweifeln. Außerdem: Hatten wir, haben wir dieser Art Buchvorstellungen nicht schon in unseren Schul-Lesebüchern zur Genüge?Und dennoch vermittelt dieses Buch einen Lichtblick, dem Ravensburger Verlag sei’s gedankt! Es sind die Illustrationen von Stefanie Harjes. Hier haben wir nun endlich doch noch das „Neue“ gefunden, nach dem wir Ausschau gehalten haben: So witzig, so frech, so erfrischend, so gegen den Strich gebürstet, so modern interpretierend, so flapsig wurden die hehren Texte deutscher Literatur wohl noch nie behandelt. Und siehe da, sie halten dies aus! Ein Zeichen ihrer wirklichen Güte. Gut genug auch noch für die nächsten 100 Jahre. Der neue Anstrich zerstört nicht, er belebt. „Das Literaturlesebuch ist ein ganz besonderes Buch“, schreibt Manfred Mai im Vorwort. Dank der genialen Zeichnungen von Stefanie Harjes, möchte man hinzufügen.

Didaktische Hinweise

Gattung

  • Sachbücher

Sachbuchkategorie

  • Literatur, Lesen, Sprache

Eignung

für die Schulbibliothek empfohlen

Altersempfehlung

Jgst. 7 bis 8

Fächer

  • Deutsch

Erscheinungsjahr

2005

ISBN

9783473344427

Umfang

251 Seiten

Medien

  • Buch