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Michael Kumpfmüller: Tage mit Ora

Besprechung

Roadnovel eines Paares, das innerhalb von zwei Wochen eine Beziehung durchlebt

Musik begleitet die Reise eines eigenartigen Paares von Seattle nach San Diego und schließlich nach Los Angeles. Doch nicht die großen Städte sind ihre Stationen, sondern die Orte aus « June on the West Coast » von Conor Oberst und den Bright Eyes geben die Route ihrer Reise durch den Westen der Vereinigten Staaten vor. Der Ich-Erzähler, ein Schriftsteller, und Ora haben sich bei einer Hochzeit kennengelernt und sind geflohen, gleich nach Amerika. Gemeinsam haben beide eigentlich nur, dass sie die gleichen Antidepressiva nehmen und kaputte Beziehungen hinter sich haben. Der Erzähler, Anfang 50, ist von Lynn, seiner Frau verlassen worden, einfach so, ohne Gespräch, ohne Nachricht. Er macht eine Therapie. Ora, Anfang 40, hat Jasper, ihren Soh;, der Mann ist irgendwie auch weg, es gibt ein „anderen Mann“. Ein Aufenthalt in der geschlossenen Psychiatrie liegt schon länger zurück. Der Erzähler berichtet, manchmal an eine Person gerichtet, wohl seine Therapeutin, die ihm von Ora und der Reise mit ihr abgeraten hat. Natürlich werden die beiden ein Liebespaar, sie erzählen einander ihr Leben, streiten einmal ein bisschen und fliegen zusammen nach Hause. Auf dem Flug beschließen sie, ihre Tabletten abzusetzen. Ob das genügt, auf ein Happy End  hoffen zu dürfen, bleibt offen. Es ist eine Erzählung, die fast wie ein Drehbuch detailgenau schildert, wie die Orte, die Landschaften, die Hotels, die Zimmer aussehen, was gegessen und vor allem getrunken wird (ziemlich viel Alkohol), immer wieder unterbrochen von Erinnerungen an die Zeit mit Lynn, Gesprächen mit Ora, manchmal leise ironischen, aber auch oft nah am Pathos liegenden Formulierungen, wie zum Beispiel „Männer waren Herbergslose“ (S. 104) oder „als wir … die Wüste durchfuhren, breitete sich ein Gefühl fassungsloser Frömmigkeit in mir aus“ (S. 158).

Didaktische Hinweise

Roadnovel, ein Liebespaar auf Reisen – verglichen wurde der Roman im Feuilleton mit Tucholskys „Rheinsberg“ und Max Frischs „Montauk“, in dem die Geliebte ebenfalls Lynn heißt. Die Musik nachzuhören und Textbezüge über die Ortsnamen hinaus aufzuspüren, macht Spaß. Der Aufbau ist leicht nachzuvollziehen: dreizehn Kapitel, dreizehn Stationen oder Etappen, am Schluss der Song-Text. Der Münchner Autor erhielt 2008 den Döblin-Preis. Sein Roman „Die Herrlichkeit des Lebens“ über Kafkas letzte Liebe Dora Diamant ist zu Recht viel beachtet worden.

Alle hier rezensierten Werke von Michael Kumpfmüller

Gattung

  • Romane

Eignung

in Auszügen geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Musik

FÜZ

  • Kulturelle Bildung
  • Werteerziehung

Erscheinungsjahr

2018

ISBN

9783462051049

Umfang

176 Seiten

Medien

  • Buch