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Herman Koch: Sommerhaus mit Swimmingpool

Besprechung

Marc Schlosser ist ein erfolgreicher, aber zynischer Hausarzt. Seine Frau und seine Töchter allerdings liebt er. Zu seinen Patienten gehört auch der Schauspieler Ralph Meier. Schlosser steht ihm misstrauisch gegenüber. Meiers testosterongesteuertes Auftreten stört ihn, wie überhaupt neben seiner allgemeinen Misanthropie auch pathologische Hasstiraden auf echte oder vermeintliche Sexualstraftäter auffallen. Während des Sommers kommt es zu einem Treffen der beiden Familien im französischen Ferienhaus der Meiers, die dort mit ihren beiden Söhnen Urlaub machen. Schlosser hat durchaus ein Auge auf Judith, die attraktive Frau Meiers, geworfen, auch Meier ist nicht unbeeindruckt von Marcs Frau Caroline. Im Laufe dieses Urlaubs aber wird Schlossers halbwüchsige Tochter nachts am Strand vergewaltigt. Ohne Erinnerung an das Geschehen, aber tief verstört, dauert es lange, bis sie sich erholt. Marcs Zorn ist ungeheuer, er ist voller Rachegedanken und ist sich immer sicherer, dass Ralph der Täter war. Perfide wiegt er Ralph in Sicherheit und unterlässt das Notwendige, als Ralph mit ernsthaften Beschwerden zu ihm kommt. Ein halbes Jahr später ist Ralph tot und dessen Frau schöpft Verdacht. Marc berät sich mit seinem ehemaligen Professor, der ihn mit seinen sozialbiologistischen Theorien geprägt hat und nun schützen will. Das Buch endet noch vor dem Spruch der Ärztekammer. Mit Marc erfährt auch der Leser, dass Ralph nicht der vermutete Vergewaltiger war. Marc schaut relativ gefasst in die Zukunft, Gewissenbisse plagen ihn nicht, es geht allenfalls um Materielles.

Wie auch schon in „Angerichtet“ verknüpft Herman Koch einen abgründigen Charakter, eine Familiengeschichte und moralische Fragen mit großer Spannung. Seine Figuren sind bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar, sie sind intelligent und in ihrem Zynismus unterhaltsam. Allerdings gibt es dann immer einen Punkt, an dem die Faszination für diese Menschen in Abscheu und Entsetzen umkippt.

Didaktische Hinweise

Das Buch kann auszugsweise für interessante Charakterisierungen verwendet werden, für eine Behandlung im Rahmen einer größeren schriftlichen Hausarbeit bietet sich ein Vergleich zwischen dem Buch und dem oben genannten „Angerichtet“ an. Als Aufgabe für die literarische Textanalyse (S. 27-30) bieten sich an: Geben Sie den Inhalt der Textstelle wieder, gehen Sie dabei auch auf die Art der Darstellung ein.

Der Ich-Erzähler, ein Arzt, beklagt sich über eine negative Seite seines Berufs: Er werde von seinen Patienten mit ihren Berufen aus dem Kulturbereich häufig zu Theater- oder Filmvorführungen eingeladen und müsse diese dann auch besuchen. Besonders schlimm sei, dass er danach eine Meinung zum Gesehenen abgeben müsse. Überzeugend und komisch schildert er die Gier der Schauspieler oder Regisseure nach einem besonderen Lob und seine Unfähigkeit und Unlust, solches zu formulieren. Sein Zynismus, über den sich der Leser durchaus amüsiert, wird auch deutlich, wenn er Theater und Film von der Schrecklichkeit her gegeneinander abwägt. Im Theater vergehe die Zeit qualvoll langsam, man stehe unter Dauerbeobachtung und könne nicht flüchten. Das Kino biete da deutlich mehr Anonymität, man könne dem Ganzen entkommen, wenn auch oft nur aufs Klo. Aber auch das Kino habe seine Schattenseiten mit pathetischen, schon viel zu oft erlebten Inhalten. Der Text endet mit einem leidenschaftlich komischen Bekenntnis zu einem Sofaabend zu Hause vor einem drittklassigen Film im Fernsehen. Charakterisieren Sie den Ich-Erzähler, auch unter Berücksichtigung seiner Sprache.Charakter: Kulturbanause, ehrlich (gegenüber dem Leser), verlogen (gegenüber den Patienten), opportunistisch, zynisch, witzig, entlarvend, angeekelt, verachtungsvoll, borniert etc., eine schillernd-zwielichtige Persönlichkeit Sprache: parataktisch, viele sehr kurze Sätze, Ellipsen, Anaphern; hämmert seine zynischen Überzeugungen geradezu ein Beziehen Sie Stellung zum Verhalten des Ich-Erzählers, trotz seiner Abneigung solche Veranstaltungen zu besuchen.

Was schätzen viele Menschen, anders als der Ich-Erzähler, an Theater und Film?

Alle hier rezensierten Werke von Herman Koch

Gattung

  • Romane

Eignung

in Auszügen geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 11 bis 13

Fächer

  • Deutsch

FÜZ

  • Soziales Lernen
  • Werteerziehung

Erscheinungsjahr

2011

ISBN

9783462043440

Umfang

346 Seiten

Medien

  • Buch