mobile Navigation Icon

Thomas Hettche: Die Liebe der Väter

Besprechung

Die Geschichte ist eigenartig persönlich und detailliert, man glaubt, sie von einem Freund erzählt zu bekommen, ist man es doch heute gewohnt, große Erzählungen zu lesen, die gleich für eine ganze Nation oder ein Jahrhundert, mindestens für eine Generation zu stehen behaupten. Obwohl mit einer Sturmflut auch die Naturkräfte angerufen werden, dies aber eher symbolisch, geht es vor allem um einen Vater, der zu seiner dreizehnjährigen Tochter nur den eingeschränkten Kontakt hat, den die Mutter, von der er seit elf Jahren getrennt lebt, zulässt. Der Roman ist nicht „Makulatur“, wie die SZ schreibt, weil während der Drucklegung das Sorgerechts-Gesetz geändert wurde. Ein in eine Diskussion eingefügter Satz in der 2. Auflage hat das ausgeglichen und zudem ist das Gesetz, das in das individuelle Leben eingreift, ein existentielles Thema. Auch ist es eine Geschichte, in der es um Verletzungen geht, die getrennte Paare einander zufügen können, um den Hass und das Leid, das daraus entsteht, besonders für die im Fadenkreuz befindlichen Kinder. Daran ändert auch ein geändertes Gesetz nichts. Hettche erzählt also „seine“ Geschichte: wie er mit seiner Tochter zu Freunden nach Sylt fährt, sich dort an die Sommer seiner Kindheit erinnert, in denen er seine Mutter begleitete, was ihn heute wundert, da sein Vater nie dabei war, wie das Kind einen Jungen kennenlernt, auf den er eifersüchtig ist, und wie er in der Silvesternacht zu viel trinkt, seine Gastgeberin und Kinderliebe Susanne küsst und seine Tochter im Affekt, stellvertretend für die böse Mutter, ohrfeigt. Er erzählt, wie die Schöner-wohnen-Bürger ihn selbstherrlich beschuldigen und verurteilen, wie er sich rechtfertigt mit der Aufzählung all der schmutzigen und gemeinen Intrigen seiner Ex-Lebensgefährtin. Dabei werden dann allerhand Klischees bemüht, wie die Hippie-Kommune, in der Kindern halluzinogene Pilze verabreicht werden, was auch eine Übertreibung des verbitterten Vaters sein kann. Man könnte trotzdem sagen, dass es, wie der Titel ankündigt, ein Buch über den Sieg der Vaterliebe ist, auch wenn am Schluss manches offen bleibt, zum Beispiel, ob die Tochter nun, so wie es die Mutter wünscht, in eine alternative Schule ohne Klassen und Noten wechseln wird.

Didaktische Hinweise

Ein so persönliches und aus der elterlichen Perspektive kaum zu lösendes Erzählwerk kann eigentlich nur im Ethikunterricht Platz haben. Die Rolle der Gesetzesänderung und die verbleibenden Probleme getrennter Familien sowie die Gewalt in der Erziehung sind naheliegende Themen.

Gattung

  • Romane

Eignung

in Auszügen geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
  • Sozialkunde/Politik und Gesellschaft
  • Zusätzliche Fächer (Fachunterricht)

FÜZ

  • Werteerziehung
  • Familien- und Sexualerziehung

Erscheinungsjahr

2010

ISBN

9783462041879

Umfang

224 Seiten

Medien

  • Buch