Karl Heinz Bohrer: Granatsplitter. Erzählung einer Jugend

Besprechung

Der Verfasser erzählt nicht im Sinn einer klassischen Autobiographie, sondern aus der Sicht „des Jungen“. Das gibt dem Text eine literarische Ausrichtung, es geht um die „Phantasie einer Jugend“, um „die Darstellung der Atmosphäre und der Gedanken einer vergangenen Zeit“ (Postscriptum). Dennoch ist „der Junge“ natürlich der in Köln geborene Feuilletonist und Literaturwissenschaftler Karl Heinz Bohrer, und diese Erzählung beschreibt seine Jugend in der Kriegs- und Nachkriegszeit, das Leben in familiär schwierigen Umständen und seine Ausbildung in einem Internat in Süddeutschland. Die Eltern des Jungen, die schöne, vielleicht etwas oberflächliche Mutter, die dann aber doch überraschend klarsichtig und mutig sein kann, der kluge Vater, der den Nazis ablehnend gegenübersteht, trennen sich schon bald. Der Junge findet Geborgenheit bei den katholisch-kleinbürgerlichen Eltern der Mutter, aber der Kontakt zur väterlich-großbürgerlichen Familie bleibt ebenfalls bestehen. Prägend wirkt das Internat (der Birklehof), hier wird die Theaterleidenschaft des Jungen geweckt, das Buch endet mit einem Englandbesuch und der Faszination, die dieses Land auf ihn ausübt.