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Martin Schäuble: Black Box Dschihad

Besprechung

Eine eindeutige Antwort auf diese Frage kann wohl niemand geben, aber dieses sehr redliche, gut recherchierte, solide und doch zurückhaltende Buch gibt zumindest Erklärungsansätze. Der Verfasser kontrastiert die Lebenswege von zwei jungen Männern: Da ist einmal Daniel, aufgewachsen in einer wohlsituierten Familie im Saarland, Gymnasiast, der die Schule verlässt, unter islamistischen Einfluss gerät und sich zum Terroristen ausbilden lässt. Als „Sauerlandbomber“ hat er Anschläge geplant, denen die Polizei allerdings zuvorgekommen ist. Der Palästinenser Sa'ed dagegen lebte in Nablus im Westjordanland als eines von vielen Kindern. Er musste von früh an arbeiten, um den Lebensunterhalt der Familie zu bestreiten, in seinem unmittelbaren Umfeld erlebte er den Nahostkonflikt hautnah: Kämpfe, Tote, Eingeschlossensein, Perspektivlosigkeit, wirtschaftliche Not etc. Die Moschee erschien ihm als Ausweg, fanatisierte Anführer redeten ihm eine Pflicht zum Opfer, Ehre für sich und seine Angehörigen und fantastischen Lohn im Paradies ein. Sa'ed, ein ernsthafter, sanftmütiger Junge von 17 Jahren, starb bei einem Anschlag in Jerusalem. Mit ihm starben weitere sieben Menschen. Der jüngste war fünf Jahre alt. Martin Schäuble ist gelernter Journalist, seinem Buch liegen viele Interviews, Aufenthalte im Saarland und in Nablus, auch in Ägypten und dem Iran (auf den Spuren Daniels) zugrunde. Das Buch ist größtenteils sehr sachlich geschrieben und lässt den Leser eigene Schlüsse ziehen. Zusatzinformationen werden, wo nötig, angeführt. Medientipps regen zu weiterer Lektüre an.

Didaktische Hinweise

Das ausgezeichnete, verständlich geschriebene Sachbücher sollte in keiner Schulbibliothek fehlen. Obwohl viele Fragen naturgemäß offen bleiben müssen, leistet es zu dem Thema einen wichtigen Beitrag. Gut geeignet für Referate, als Hintergrundinformation für literarische/filmische Bearbeitungen des Themas, als Grundlage für Diskussionen. Im Unterricht können folgende Aspekte thematisiert werden:Inwiefern gehört Sa'ed zu einer perspektivelosen Generation? (auf Grund materieller Not Schulabbruch, keine Ausbildungsmöglichkeiten, schlecht bezahlte und schwere Jobs, Erfahrung von Gewalt, Trostlosigkeit des „Diesseits“) Welche für sein Umfeld untypischen Eigenschaften zeigt Sa'ed? (eine gewisse Sanftmütigkeit, fehlende Aggression, Mithilfe im Haushalt) Wie reagiert Sa'eds Familie auf seine Tat? (zunächst Stolz, dann Trauer und Enttäuschung) Weshalb kommen sie sich betrogen vor?Woran wird deutlich, wie sehr sich Sa'ed von seiner Tat auch persönliche Aufwertung versprach? (Verabschiedungen, Fernsehgerät für die Großmutter). Wieso könnte man von einer regelrechten „Selbstmordattentäterindustrie“ sprechen? (Rekrutierung, Ausbildung, „Verheizen“) Tragen Sie diejenigen Eckpunkte von Daniels Biographie zusammen, die für sein Abdriften in den Islamismus wohl ausschlaggebend waren. (evtl. Scheidung der Eltern, falsche Freunde, Sehnsucht nach Orientierung und Halt, Abenteuerlust, Desinteresse der Umgebung etc.) Wie reagieren die Befragten hinsichtlich ihrer persönlicher Verantwortung für Daniel? (größtenteils Ablehnung bis auf einen Freund, einen Lehrer) Weshalb ist Daniels Weg für uns viel schwerer zu verstehen als Sa'eds?

Alle hier rezensierten Werke von Martin Schäuble

Gattung

  • Sachbücher

Sachbuchkategorie

  • Philosophie, Religion, Menschsein
  • Politik, Gesellschaft
  • Geschichte, Archäologie

Eignung

in Auszügen geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 9 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
  • Geschichte
  • Sozialkunde/Politik und Gesellschaft

FÜZ

  • Soziales Lernen

Erscheinungsjahr

2011

ISBN

9783446236653

Umfang

217 Seiten

Medien

  • Buch