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Paul Ingendaay: Warum du mich verlassen hast

Besprechung

Marko besucht in den 1970er-Jahren ein katholisches Internat im Rheinland, das Collegium Aurum. Musik und Jugendsprache der Zeit spielen auch in die ansonsten weitgehend abgeschottete Welt des Klosters hinein. Das katholische Milieu (Kevelaer liegt ganz in der Nähe) prägt das Leben im Internat, die Kinder erleben anspruchsvolle Förderung und Disziplin, aber auch kleinliche Gängelei, man hat durchaus noch Angst vor den „Schwatten“ und die ganze Atmosphäre ist natürlich skurril und merkwürdig. Denkwürdige Beschreibungen etwa des Speisesaals (genannt „Schädelstätte“) und des Essens („Fettläppchen“) sind von hohem Unterhaltungswert. Während Marko hier lernt und liest (Bücher spielen eine große Rolle für ihn und sehr häufig zitiert er aus seinen Lieblingsbüchern, z. B. dem Robinson Crusoe), heimlich raucht, an Mädchen denkt und mit seinen Kameraden über die Welt und vor allem Gott diskutiert, zerbricht die Ehe seiner Eltern in Köln. Das haben sie den Kindern lange verheimlicht, Marko hat es aber auch wohl, wie er selbstkritisch zugibt, nicht wissen wollen. Marko wird also erwachsen, indem er sieht und lernt, wie schwierig das Leben sein kann, das seiner Eltern, aber auch das seines engagierten und ernsthaften Lieblingslehrers Bruder Gregor, der sich am Ende das Leben nimmt. Marko bemerkt auch, wie die Erwachsenen immer wieder lügen und heucheln, dies tun seine Eltern, aber auch manche Brüder im Kolleg. Zumindest der Junge überwindet diese Heuchelei, und entsprechend muss er das Internat verlassen, nicht ohne Triumph, aber auch nicht, ohne vieles (Positive) vom Collegium mitzunehmen. Man liest das Buch trotz mancher Längen mit Interesse, Amüsement, ja sogar Begeisterung: Die Sprache von Jugendlichen dieser Zeit ist authentisch durchgehalten und wirkt lebendig und witzig. Der Ich-Erzähler in seiner Wahrheitssuche und seinem tapsigen Lebenshunger ist anrührend und überzeugend, es gibt viele lebendige Beschreibungen von Situationen und Personen. Es handelt sich um einen Adoleszenzroman, der größtenteils ohne grobe Effekte auskommt und durch die eigene abgeschlossene Welt des Kollegs eine interessante Versuchsanordnung bietet.

Didaktische Hinweise

Der Text sollte als Leseangebot für die Oberstufe in der Schulbibliothek nicht fehlen. Für eine Lektüre als Ganzschrift erscheint er zu lang, auszugsweise ließen sich aber wohl geradezu klassische Lesebuchtexte zum Thema Jugend, Internat, Familie, Liebe und Gott finden. Für Fach- und Seminararbeiten erscheint der Text als Grundlage gut geeignet, im Rahmen der Analyse einer Reihe von Internatsromanen natürlich ebenso. Für das Gymnasium und FOS/BOS als literarische Textanalyse geeignet wäre z. B. ein Ausschnitt aus Kapitel 8, in dem der Ich-Erzähler davon berichtet, wie er von der Trennung seiner Eltern erfährt. Dieser Aufgabenvorschlag (s. u.) kann zu Übungs- oder Prüfungszwecken verwendet werden.

Gattung

  • Romane

Eignung

in Auszügen geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 11 bis 13

Fächer

  • Deutsch

FÜZ

  • Kulturelle Bildung
  • Sprachliche Bildung

Erscheinungsjahr

2. Aufl. 2011

ISBN

9783423135979

Umfang

505 Seiten

Medien

  • Buch