Rolf Bauerdick: Zigeuner. Begegnungen mit einem ungeliebten Volk

Besprechung

Bereits der Titel provoziert, und das ganz bewusst: Bauerdick hält nicht viel von verordneten Bezeichnungen, er meint, dass die offizielle Bezeichnung Sinti und Roma übergriffig und oft unkorrekt sei, viele Zigeuner bezeichneten sich bewusst und mit Stolz als solche. Gegen die Verwendung dieser Bezeichnung und auch gegen die Inhalte seines Buches wird u. a. von Seiten der Opferverbände der Antiziganismusvorwurf erhoben. Bauerdicks gesammelte Reportagen z. B. aus Bulgarien, der Slowakei, Ungarn, Rumänien oder dem Ruhrpott beschreiben mit kritischer Sympathie Familien, Alte und Junge, deren überschwängliche Herzlichkeit, Lebendigkeit und Authentizität der Verfasser eindrucksvoll zu schildern vermag (schwarz-weiße Fotos ergänzen die Texte). Allerdings verschweigt Bauerdick auch die Schattenseiten nicht: elende Lebensverhältnisse, Kriminalität, Prostitution, Gewalt, Brutalität, Erbe jahrhundertelanger Versklavung und Diskriminierung. Nicht nur die Mehrheitsgesellschaft wurde durch den Zusammenbruch des Kommunismus verunsichert und aus der Bahn geworfen, die Roma als die Schwächsten erlebten den Umbruch am einschneidendsten. Fehlende Bildung, Gewalttätigkeit, Unterdrückung der eigenen Leute etc. aber liege auch in der Verantwortlichkeit der Betroffenen, so der Autor. Ihm rassistisches Gedankengut vorzuwerfen scheint angesichts seiner zugewandt-interessierten Beschreibungen ungerecht, seine Ausfälle gegen den Zentralrat deutscher Sinti und Roma und andere wirken jedoch überzogen und störend. (22,90 €)