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Helga Gebert: Aladin und die Wunderlampe

Besprechung

Die vorliegenden Märchen sind neu erzählt von Helga Gebert. Im Vorwort erklärt sie die Entstehungsgeschichte dieser Märchensammlung aus dem Orient, die über Jahrhunderte mündlich tradiert wurde. Die erste und titelgebende Geschichte dürfte die bekannteste der vorliegenden Auswahl sein, nämlich „Aladin und die Wunderlampe“ (S. 11 ff). Die Geschichte spielt in China. Der arme und nicht gerade tüchtige Schneiderssohn Aladin wird von einem bösen Zauberer beauftragt, die Wunderlampe zu holen, die der Zauberer haben möchte, aber selbst nicht erreichen kann. Doch Aladin rückt die Lampe nicht heraus und der Zauberer zieht unverrichteter Dinge ab in seine Heimat Afrika. Mit Hilfe des Geistes, den er mit der Lampe herbeirufen kann, erwirbt der Junge unermesslichen Reichtum und bekommt vom König von China dessen Tochter zur Frau. Nach einigen Jahren des Glücks kehrt der Zauberer zurück und erlangt mit einer List die Wunderlampe. Er lässt Aladins Frau mitsamt Palast und Hofstaat in seine Heimat Afrika versetzen, wo Aladin sie schließlich findet. Das Paar überlistet nun den Zauberer und kehrt zurück nach China. Wieder nach einiger Zeit taucht der Zauberer erneut auf und verkleidet als wundertätige heilige Frau bekommt er Einlass in den Palast. Aladin ist gewarnt und tötet den Bösen. In der „Geschichte vom Ebenholzpferd“ (S. 79 ff) geht es um die Liebe zwischen dem jungen persischen Königssohn Kamar el-Akmar und der jemenitischen Königstochter Schamsah. Ein Zauberer hatte Kamars Vater ein Ebenholzpferd geschenkt, mit dem man fliegen kann, und als Lohn die Tochter begehrt. Diese wird ihm verweigert, weil sie jung und schön ist, der Zauberer aber alt und hässlich. Deshalb überredet er Kamar, das Pferd auszuprobieren. Entgegen der Absichten des Zauberers beherrscht dieser schnell die Flugkunst und gelangt zum Palast und ins Gemach von Schamar, wo sich die beiden ineinander verlieben. Schamars Vater willigt nicht in eine Hochzeit ein. Er hält Kamar für einen unheilvollen Geist, als er sieht, wie er mit dem hölzernen Pferd davonfliegt. Nach einiger Zeit kehrt Kamar mit dem Pferd zu Schamar zurück und freiwillig folgt sie ihm in seine Heimat. Dort entführt sie der Zauberer mit einer List auf eben diesem Pferd und fliegt mit ihr ins Land der Griechen, wo sie vom dortigen König befreit wird. Um diesen nicht heiraten zu müssen, stellt sie sich wahnsinnig. Kamar sucht und findet sie schließlich. Er gibt sich als Heilkundiger aus, der das Mädchen von seiner Besessenheit erlösen kann, und erhält so die Möglichkeit mit ihr – und dem Pferd – zu fliehen und endlich können sie heiraten. Bei den Reisen, die „Sindbad der Seefahrer“ (S. 103 ff) unternimmt, geht es sehr abenteuerlich, zum Teil auch recht grausam zu. Eingebettet in eine Rahmenhandlung, in der Sindbad, der arme Lastenträger ins Haus des reichen Seefahrers Sindbad eingeladen wird, werden die Reisen des Abenteurers in der Ich-Form ausgebreitet. Meist gelangt er dabei nach einem Schiffbruch in verschiedene, weit abgelegene Gegenden. Die erste Reise führt ihn auf das indische Festland, wo er vom Stallmeister des Maharadschas freundlich aufgenommen wird. Nach längerer Zeit trifft er dort den Kapitän wieder, mit dem er Schiffbruch erlitten hatte, und kehrt mit ihm zurück in seine Heimat. Auf seiner zweiten Reise muss er sich auf einer unbewohnten Insel vor dem riesigen Vogel Rukh hüten. Mit einer List entkommt er den ebenso riesigen Schlangen, die das Tal der Diamanten bewachen. Die dritte Reise bringt Sindbad und seine Gefährten zunächst auf eine Insel, auf der ein Riese mit seiner Riesenfrau lebt. Der Riese verschlingt den Kapitän. Den übrigen gelingt es zu fliehen, nachdem sie dem Riesen mit glühenden Baumstämmen die Augen ausgebrannt haben. Es verschlägt sie auf die Insel einer mächtigen Schlange, die seine restlichen Gefährten auffrisst. Mit List und Glück kehrt Sindbad auch von dieser Reise zurück. Auf der vierten Reise stranden Sindbad und seine Mitfahrer auf einer Insel, die von Menschenfressern bewohnt wird. Als einziger isst Sindbad nicht von dem Brei, der ihnen angeboten wird, und kann so entkommen, während seine Gefährten dem Wahnsinn verfallen und für das Mahl des Königs gemästet werden. Sindbad hat Glück und kommt in ein arabisches Land, wo er vom Sultan wohlwollend aufgenommen wird und sich sogar mit einer vornehmen Frau vermählt. Als diese stirbt, wird er zusammen mit ihr in der Totengruft bestattet, wie es in diesem Land Brauch ist. Lebendig begraben erwartet er den Tod, als er nach etlichen Tagen zufällig einen Weg nach draußen entdeckt, der an einer Küste endet. Ein Schiff nimmt ihn mit. Die fünfte Reise bringt ihn wieder auf die Insel des Vogels Rukh, wo die mitreisenden Kaufleute aus Unwissenheit dessen Ei zertrümmern und sein Junges töten. Die Vogeleltern rächen sich, indem sie das Schiff versenken. Sindbad wird als einziger Überlebender auf eine Insel geschwemmt, wo ihn ein Greis bittet, ihn auf die andere Seite eines Flusses zu tragen. Drüben angekommen, lässt sich der Mann nicht mehr absetzen und Sindbad muss ihn umhertragen, bis er eines Tages gegorene Weintrauben findet. Nachdem auch der Greis von dem entstandenen Wein trinkt, gelingt es Sindbad ihn zu erschlagen und sich von seiner Last zu befreien. Er gelangt zur Stadt der Affen. Dort verdient er sich das nötige Geld für die Heimfahrt mit dem Sammeln von Kokosnüssen. Wiederum nach einem Schiffbruch spült es die Überlebenden auf Sindbads sechster Reise auf eine felsige Insel, auf der es zwar wertvolle Edelsteine, aber sonst nur Moos und Wasser aus einem Fluss gibt, der in einer Grotte verschwindet. Nach und nach sterben seine Kameraden. Als nur noch Sindbad übrig ist, baut er sich ein Floß, nimmt so viele Edelsteine mit wie möglich und lässt sich auf dem Fluss in die Grotte treiben, da es ihm die einzige Möglichkeit erscheint, dem Tod noch zu entrinnen. Nach tagelanger Reise gelangt er wieder ans Tageslicht und wird von freundlichen Schwarzen zum Maharadscha von Serendib gebracht. Dort lebt er lange Zeit geachtet, bis ihn das Heimweh plagt und er zurückkehrt. Der Maharadscha gibt ihm Schätze mit für Sindbads eigenen Herrscher, den Kalifen. Auf der siebten Reise rettet er sich nach einem Schiffbruch mit einem Floß, das er sich aus herumliegenden Baumstämmen auf einer Insel zusammenbaut. Er wird ans Ufer einer Stadt angetrieben, wo ihn der Scheich freundlich aufnimmt. Es stellt sich heraus, dass die Stämme seines Floßes aus wertvollem Sandelholz bestehen, was ihm ermöglicht, sich in der Stadt als Händler niederzulassen. Nach einiger Zeit bietet ihm der Scheich seine Tochter zur Frau an, was er gerne annimmt. Nach dem Tod des Schwiegervaters tritt er dessen Erbe an und wird Scheich. Nach einem weiteren bestandenen Abenteuer, in das er durch seine Neugier geraten war, verliässt Sindbad mit seiner Frau das fremde Land und kehrt in seine Heimat zurück. Nach dieser siebten Reise folgt im Buch „Die andere siebte und wahrlich letzte der Reisen Sindbads des Seefahrers“. Bei dieser Version begibt sich Sindbad widerwillig auf Befehl des Kalifen auf die Reise zum Maharadscha der Insel Serendib. Der Kalif will sich für die Geschenke des Maharadschas revanchieren und stattet Sindbads Schiff reich aus. Der Seefahrer führt seinen Auftrag aus, der Maharadscha lässt ihn aber erst nach langem Bitten wieder wegfahren. Auf der Heimreise wird sein Schiff von Piraten überfallen, und die Reisenden werden auf den Sklavenmarkt verschleppt und verkauft. Sindbad kommt zu einem reichen Kaufmann. Er hilft diesem so erfolgreich bei der Beschaffung von Elfenbein, dass er ihm aus Dankbarkeit die Heimreise ermöglicht. „Die Geschichte von Dschamila der Meerfrau und ihrem Sohn, dem König Badr Basim von Persien“ (S.183 ff) enthält mehrere Liebesgeschichten. Dschamila, die Tochter eines Meereskönigs kommt als Sklavin zu Schahriman, dem Perserkönig, der sie zur Frau nimmt. Sie bekommen einen Sohn, Badr Basim, der im Alter von 17 Jahren, als er seinem verstorbenen Vater bereits auf dem Königsthron nachgefolgt ist, in Liebe zu Jawhara, der Tochter des als jähzornig berüchtigten Meereskönigs as-Samandal, entbrennt. Dieser verweigert die Hand seiner Tochter, als Salih, der Bruder von Dschamila, für seinen Neffen wirbt. Darauf nimmt Salih ihn gefangen und setzt sich auf seinen Thron. Als sich Badr Basim und Jahwara begegnen, rächt sich die zauberkundige Prinzessin für ihren Vater und verwandelt den jungen Perserkönig in einen Vogel und lässt ihn auf eine Insel bringen. Dort verwandelt ihn die Sultanin wieder zurück in seine ursprüngliche Gestalt und er reist über das Meer zurück in Richtung Persien. Unterwegs erleidet er Schiffbruch und kommt an einen seltenen Ort. Dort trifft er einen alten Mann, den zauberkundigen Abdallah, der sich um ihn kümmert und ihm von der Königin Lab erzählt, die zugleich eine Hexe ist. Sie verwandelt fremde Jünglinge, nachdem sie sich mit ihnen vergnügt hat, in Huftiere. Auch Badr Basim holt sie zu sich und der findet Gefallen an ihr. Mit Hilfe des alten Abdallah kann er der Königin aber zuvorkommen, als diese ihn verzaubern will, und verwandelt sie seinerseits in eine Eselin. Er reitet auf ihr aus der Stadt hinaus und begegnet unterwegs einer alten Frau, der Mutter der Königin Lab, die ihm eine Falle stellt und ihre Tochter befreit. Nun verwandeln sie den Perserkönig in einen hässlichen Uhu und sperren ihn ein. Eine Sklavin erbarmt sich des Vogels, füttert ihn und berichtet Abdallah, was geschehen ist. Der schickt die Sklavin auf dem Rücken eines Dämons zu Dschamila. Sie ruft ihre Meeresfamilie, die Heerscharen der Meere und das Heer der geflügelten Geister zu Hilfe und fliegt mit ihnen zu ihrem Sohn. Sie töten die Königin Lab und deren Mutter und befreien Badr Basim aus seiner Gefangenschaft und dem Zauberfluch. Durch die Gefangenschaft gezähmt ist as-Samandal nun bereit, seinen Segen zur Hochzeit zu geben und auch Jahwara willigt ein. Ein wichtiges Motiv in dieser Geschichte ist neben der Liebe vor allem die Macht. Den Abschluss der Sammlung bildet „Ein Märchen der Liebe“ (S. 241 ff). Qamar az-Zaman, der wunderschöne Sohn des Sultans von Khalidan, weigert sich zu heiraten, ebenso wie Budur, die genauso schöne Tochter vom König des weit entfernten Inselreiches im Gelben Meer. Ein weiblicher Geist und ein geflügelter Dämon bringen die beiden im Schlaf zusammen und trennen sie am Morgen wieder. In dieser Nacht wachen sie nacheinander auf und verlieben sich in den jeweils Schlafenden. Als sie getrennt erwachen, erfasst sie eine große Sehnsucht. Ihre jeweilige Umwelt glaubt ihnen aber ihr nächtliches Erlebnis nicht und hält beide für wahnsinnig. Erst der Milchbruder (Sohn der Amme) der Königstochter nimmt es in einer abenteuerlichen Reise auf sich, den Sultanssohn zu Budur zu bringen. Sie heiraten und leben einige Zeit glücklich am Hof des Königs, als Qamar az-Zaman seinen Vater besuchen möchte. Sie begeben sich auf die lange Reise. Dabei werden sie zunächst getrennt und Budur gelangt – verkleidet als ihr Mann - zu einem Maharadscha. Der will den vermeintlichen Königssohn mit seiner Tochter Hayat an-Nufus verheiraten und als Erben einsetzen. Um sich nicht zu verraten, willigt Budur notgedrungen ein und besteigt den Thron. Sie vertraut sich ihrer „Frau“ an, die sie wie eine Schwester liebt. Als schließlich ihr Mann ankommt, erzählen sie dem alten Maharadscha ihre ganze Geschichte und mit Budurs Einwilligung nimmt Qamar az-Zaman Hayat an-Nufus zur zweiten Frau.

Die atmosphärisch dichte, blumige Sprache erinnert an die Vortragsweise arabischer Erzähler und vermittelt dem Leser wie dem Zuhörer den Zauber orientalischer Märchen. In den beiden letzten Geschichten ergänzen zahlreiche Gedichte den Erzähltext. Die eindringlichen Ölbilder in gedeckten Farben unterstreichen den gediegenen, fast kostbaren Charakter des sorgfältig und aufwändig gestalteten Buches.

Didaktische Hinweise

Die Detailgenauigkeit und Anschaulichkeit, mit der die Geschichte von Aladin und der Wunderlampe, die den Kindern aus Disney-Film, Bilderbuchn oder Hörkassetten bekannt ist, hier vermittelt wird, kann empfänglichen Schülern ein Gefühl für die unterschiedlichen Qualitäten der einzelnen Medien und deren Umgang mit Sprache geben. Die ganze Geschichte vorzulesen benötigt allerdings viel Zeit. Denkbar wäre ein Unterrichtsprojekt mit Medienvergleich in Kl. 5/6. Weniger umfangreich und geeignet zum Vorlesen auch für Grundschüler ist die Geschichte vom Ebenholzpferd. Die Abenteuer von Sindbad sind sehr Dramentisch und fantasievoll erzählt, aber nicht geeignet für zarte Gemüter. Die Geschichte von Dschamila enthält deutliche erotische Anspielungen und empfiehlt sich daher eher für etwas ältere Schüler. Wie hier mit Macht umgegangen wird, sollte thematisiert werden und regt sicher an zu kontroversen Diskussionen. Noch deutlicher wird auf die körperliche Liebe im letzten Märchen eingegangen, weshalb auf eine entsprechende Reife der Schüler geachtet werden muss, will man den Text im Unterricht einsetzen.

Gattung

  • Kurzprosa, Erzählungen, Textsammlungen, Tagebücher

Eignung

für die Schulbibliothek empfohlen

Altersempfehlung

Jgst. 3 bis 10

Fächer

  • Deutsch

Erscheinungsjahr

2005

ISBN

9783407799039

Umfang

318 Seiten

Medien

  • Buch