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Friedrich Gerstäcker: Die Flusspiraten des Mississippi

Besprechung

Wildwest-Abenteuer in den Südstaaten Amerikas Mitte des 19. Jahrhunderts. Friedrich Gerstäcker erzählt eine wirklich spannende und authentische Geschichte von Flusspiraten, die von einem gut getarnten Piratennest aus den Mississippi und die angrenzenden US-Staaten unsicher machen. Mord und Totschlag gehören ganz selbstverständlich zum Tagwerk der Piraten, wie auch das Entern von Booten sowie Raubzüge entlang der beiden Flussufer. Zweierlei macht dieses Buch besonders lesenswert: Zum einen werden behaglich-ausführlich skurrile Typen und Flussbewohner nicht ohne Sympathie geschildert: Bootsleute, Farmer, Sklaven, Piraten, ein Friedensrichter, ein Arzt mit fragwürdigen Praktiken sowie unterschiedliche Frauengestalten - komische Käuze allesamt! Den glaubwürdigen und anschaulichen Personenzeichnungen, wie man sie sich für einen klassischen WildwestRomane wünscht, merkt man Gerstäckers Reiseerfahrungen an, die er sechs Jahre lang um 1840 in Nordamerika gesammelt hat. Zum anderen taucht hinter allen abenteuerlich-turbulenten Geschehnissen immer wieder die Frage auf, wie die zivile Gesellschaft auf diese existenzbedrohende Situation reagieren kann und soll. Gerade weil die amerikanische Gesellschaft in den Südstaaten um 1850 noch von den Ideen der Selbstjustiz geprägt war (Jeder Mann trägt in diesem Buch mindestens ein Schießeisen mit sich herum!), aber auch schon ansatzweise Formen einer demokratischen Legitimierung von Recht und Gerechtigkeit kannte, entsteht große Spannung, wie die Zivilgesellschaft auf die existenzbedrohende Situation reagiert. Mit zunehmender Spannung verfolgt der Leser die vom olympischsten aller denkbaren Erzähler vorgetragene Handlung, er erfährt, wie man vor 150 Jahren über Sklaven und Indianer dachte, wie Farmer und Bürgerliche auf dem Land und in einer Kleinstadt lebten, wie Gezeiten und Gegebenheiten am Fluss den Alltag der Menschen prägte und wie sich das Leben und Arbeiten an Bord der unterschiedlichsten Schiffe gestaltete. Gerstäcker ist dies derart überzeugend gelungen, dass auch Karl May seine Freude und viele Anregungen für seine Bücher bei den „Flusspiraten“ fand. Da man nach 150 Jahren - die „Flusspiraten“ erschienen erstmals 1848 - nicht ohne weiteres davon ausgehen kann, dass der Leser mit Begriffen wie „Chickenthief“, „Flatboat“ oder „Snag“ etwas anfangen kann, wurde dem Romane ein kleines Glossar mit den wichtigsten Worterklärungen angefügt. Außerdem wurde die Lesefassung von Irmintraud Jasorka behutsam überarbeitet und angepasst. Obwohl der Abenteuerroman sehr ausführlich geraten ist und damit als Klassenlektüre ungeeignet erscheint, führen die schildernden Passagen nur selten zu Langeweile, da gerade diese ein vollständiges Abtauchen in fremde, ferne „Wildwestwelten“ ermöglichen. Ein Buch, das nicht nur Jungenherzen schneller schlagen lässt, sondern für alle Altersstufen gleichermaßen lesenswert erscheint!

Didaktische Hinweise

Als thematische Ergänzung (Wilder Westen, Leben um 1850, Piraten) gut geeignet.

Gattung

  • Romane

Eignung

für die Schulbibliothek empfohlen

Altersempfehlung

Jgst. 7 bis 9

Fächer

  • Deutsch
  • Geschichte

Erscheinungsjahr

2010

ISBN

9783293205055

Umfang

413 Seiten

Medien

  • Buch