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Alex Rühle: Ohne Netz. Mein halbes Jahr offline

Besprechung

Alex Rühle ist SZ–Journalist, der sich vom Internet gefangen fühlt. Ausführlich beschreibt er, wie er ständig das Gefühl hat, etwas zu verpassen, wie seine Aufmerksamkeit „zerstäubt“ wird, wie er sich abhängig, geradezu süchtig fühlt und wie oft er deshalb seine Mails checkt. Aus der Selbstkritik erwächst die Idee, ein halbes Jahr lang kein Internet und kein Smartphone mehr zu benutzen. Dies setzt er in die Tat um und steigt vom 1.12.2009 – 31.5.2010 aus dem Netz mit seinen enormen „Ablenkungs– und Nivellierungskräften“ aus. Ziel seines Experiments ist es, wieder etwas mehr Souveränität über sein Leben zurückzubekommen. Er fragt sich zum Beispiel, ob er unsichtbar wird, wenn er offline geht. Sein Tagebuch gibt Antwort auch darauf, ob sein Experiment erfolgreich war. Nun muss aber unbedingt festgehalten werden, dass bei der Lektüre auffällt, wie schnelllebig die digitale Welt ist. Wenn 2009 das Blackberry noch die tonangebende technische Errungenschaft war, bedarf es für heutige Leser einer erklärenden Fußnote. Soziale Netzwerke wie Facebook spielen im Tagebuch nur eine untergeordnete Rolle. Während Rühle alle zwei Minuten auf dem Handy seine Mails lesen muss, haben die meisten Jugendlichen heute die Mail–App auf ihrem Smartphone gar nicht mehr in Betrieb. Bei Rühle geht es vor allem um die Erwachsenen, die wie Cyborgs mit ihren Smartphones verwachsen sind und hemmungslos surfen, und um deren Kinder, die sich Regeln für ihre Eltern ausdenken (!). Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, lohnt die Lektüre: Die Leser erkennen schnell, wie hoch das Tempo im Zeitalter der Digitalisierung ist; sie müssen nur die Rühle–Erfahrungen mit ihrer eigenen Instagram–Facebook–WhatsApp–Realität vergleichen! Der Autor thematisiert dies auch bei einer Begegnung mit dem Soziologen Hartmut Schön, der dazu sagt: „Wir haben keinen blassen Schimmer, was das Netz gerade kulturell mit uns macht. Es geht zu schnell, wir kommen mit der theoretischen Einordnung dieses Umbruchs auch nicht ansatzweise hinterher."

Didaktische Hinweise

Für den Unterrichtseinsatz gibt es eine extra bearbeitete Ausgabe und ein Lehrerhandbuch. Es werden drei Module vorgeschlagen, mit denen das Tagebuch von Alex Rühle bearbeitet werden kann. Themen sind u.a. „Das Glück des Fastens“; „Verzichten und Gewinnen“; „Die Denkwelt von Alex Rühle“; „Generationenkonflikt Internet“; „Technologieskepsis“ und zwei Projektvorschläge. Abgesehen davon ist das Buch reich an Anknüpfungsmöglichkeiten an die Lebenswelt der Jugendlichen. Im Tagebuch selbst gibt es z. B. einen Eintrag, in dem er Briefe von Münchner Schülerinnen und Schülern vorträgt, die zu einer eigenen Stellungnahme einladen. Auf der Grundlage dieses Tagebuchs lässt sich leicht eine Erörterung zum Medienverhalten anstoßen. Auch der Berufsalltag des Journalisten wird dem Leser bewusst und dient deshalb der beruflichen Orientierung. 

Alle hier rezensierten Werke von Alex Rühle

Gattung

  • Kurzprosa, Erzählungen, Textsammlungen, Tagebücher

Sachbuchkategorie

  • Mathematik, Technik, Computer
  • Politik, Gesellschaft

Eignung

sehr gut als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 9 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Medienerziehung
  • Sozialkunde/Politik und Gesellschaft

FÜZ

  • Berufliche Orientierung
  • Alltagskompetenz und Lebensökonomie
  • Medienbildung/Digitale Bildung
  • Werteerziehung
  • Sprachliche Bildung

Erscheinungsjahr

2010

ISBN

9783126669023

Umfang

143 Seiten

Medien

  • Buch
  • E-Book
  • Hörbuch