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Dita Zipfel; Rán Flygenring (Illustr.): Wie der Wahnsinn mir die Welt erklärte

Besprechung

Herrlich verrücktes Jugendbuch über eine mehr oder weniger typische pubertäts- und familiengeplagte 12-Jährige.

Während Lucie auf ihre ersten Achselhaare wartet, kämpft sie sich in der Schule in die angesagte Clique und schwärmt für den hübschen, aber charakterlosen Marvin (mit dieser euphemistischen Beschreibung kommt er sehr gut weg). Zu Hause zieht gerade der neue Freund der Mutter ein. Der übersensible Michi hätte früher auch einmal ein Ratgeberbuch für positive Lebens- und Streitkultur gewesen sein können und kann absolut nicht ernst genommen werden. Lucie will weg, nach Berlin zur ehemaligen Freundin der Mutter. Das Geld für das Zugticket erhofft sie sich durch einen Nebenjob zu verdienen. Den findet sie bei Klinge, dem personifizierten Wahnsinn. Sie mag ihn. Seine Auftritte in der Öffentlichkeit sind peinlich, doch erkennt sie durch sie auch den wahren Charakter ihrer „Freundinnen“ und letztlich auch Marvins. An diesem Tiefpunkt tut sich bei einer Friedhofsaktion, bei der übrigens einem Ghul die Augen geklaut werden sollen, ein Lichtblick auf. Lucie lernt den bis dahin recht unscheinbaren Leo neu kennen. Am Ende ist Lucie auf einem versöhnlichen Aufbruch. Wohin? Mal sehen.
Dita Zipfel hat mit „Wie der Wahnsinn mir die Welt erklärt hat“ ihr erstes Jugendbuch geschrieben und ist damit auch gleich für den Jugendliteraturpreis 2020 nominiert worden. Bestimmt auch, weil es so herrlich verrückt ist und man nicht an jeder Stelle den pädagogischen Zeigefinger mancher Jugendbücher spürt. So wird nicht ganz klar, wie verrückt Klinge wirklich ist: Nicht nur dem unter Verfolgungswahn leidenden Klinge, sondern auch Lucie fällt der parkende SUV vor Klinges Haus auf, in dem ständig Leute sitzen. Und dann wird sie auch von einer Frau mit Perücke und Kinderwagen ohne Baby angesprochen, ob ihr etwas aufgefallen sei. Nein, ihr ist nichts aufgefallen. Nur das Klinge vielleicht doch verfolgt wird. Am Ende ist Klinge verschwunden. Im Haus trifft Lucie die Frau wieder – als Polizistin. Ob Klinge nochmals auftaucht? Sicher – der Wahnsinn stirbt nie!

Didaktische Hinweise

Ein ganz und gar untypisches Jugendbuch hat Dita Zipfel da geschrieben. Schön. Es gehört in jede Bücherei, denn manchmal muss man einfach etwas lesen, von dem man vorher nicht weiß, wie es ausgehen wird und das genauso verrückt und unerklärbar ist, wie das Leben selbst.
Für all jene, die das Buch in Mädchenklassen oder in Auszügen behandeln wollen, bieten sich beispielsweise Anknüpfungspunkte an Lucies „Situationsanalysen“ an. Um sich in verwirrenden Situationen scheinbare Klarheit zu verschaffen, macht Lucie sich immer Notizen zu den möglichen Ursachen und Hintergründen. Von der Illustratorin Rán Flygenring sind diese im Buch auch durch ihren handschriftlichen Charakter als solche hervorgehoben. Als Lucie zum Beispiel die oben erwähnte Dame trifft, notiert sie zur Perücke bzw. der misslungenen Frisur:
- hat Krebs
- kommt von einer Mottoparty
- hat sich das erste Mal die Haare selbst geschnitten
- ist inkognito unterwegs (S. 139)
Solcherlei Gedankengespinste öffnen Diskussionen über verschwimmende Grenzen von Wahrheit, Wahrscheinlichkeit und Fantasie.

Gattung

  • Romane

Eignung

für die Schulbibliothek empfohlen

Altersempfehlung

Jgst. 7 bis 8

Fächer

  • Deutsch

FÜZ

  • Werteerziehung
  • Soziales Lernen

Erscheinungsjahr

2019

ISBN

9783446264441

Umfang

192 Seiten

Medien

  • Buch